So gelangt Müll in die Umwelt: Mikroplastik - Teil 2
Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, wie sich Mikroplastik von deiner Kleidung lösen kann - und zwar ohne, dass du es gleich merkst.
Die Kleidung besteht schon aus Kunststoff.
Beim Waschen von Klamotten aus Kunstfaser lösen sich viele winzig kleine Partikel aus den Stoff und gelangen ins Wasser (1).
Nur 90% davon kann von den Kläranlagen gefiltert werden.
Allerdings befürchte ich persönlich, dass es weit weniger ist, was die Anlagen tatsächlich herausfiltern können. Grund: Diese Angabe "von 90%" ist schon 10 Jahre alt. Mittlerweile können spezialisierte Labore viel kleinere Partikel, die in den Nanobereich gehen, kostengünstiger und mit weniger Aufwand aufspüren. Das konnte man damals nicht. (3)
Waschen von Kleidung aus Kunststoff
Besonders bei Fleece-Klamotten oder flauschiger Synthetikkleidung schleust sich pro Waschgang eine immense Menge an Mikroplastik ins Wasser.
Allein 35% des Mikroplastiks in den Meeren stammt von synthetischer Kleidung. Also Klamotten, die z.B. Polyamid oder Polyester bestehen. Viele denken, das meiste würde aus der Industrie stammen. Stimmt aber lauter einer Studie der International Union for Conservation of Nature (IUCN) nicht. 77% fallen dabei auf private Haushalte zurück, also auf uns. Immer wenn wir Klamotten aus Kunststoff waschen, entsteht Mikroplastik.
Plastik-Kleidung im Trockner ist noch schlimmer
Noch mehr Mikroplastik durch Klamotten gelangt nur noch durch einen Ablufttrockner in die Umwelt. Pro Jahr können das 60-90 Millionen Mikroplastikpartikel sein. (2)
Trocknet ihr also ein Kilo Kunstfaserklamotten entstehen so zwischen 200mg und 300mg Mikroplastik.
Das landet in unserer Umwelt: in der Luft, im Wasser, in den Böden z.B. durch Klärschlamm.
Achtung: Auch wenn Du Kleidungsstücke aus Naturfaser kaufst, kann sie trotzdem aus Synthetik bestehen. Gewisse Teile der Kleidung sind nämlich von der Deklarationspflicht ausgenommen. So kann das Nähgarn aus Polyester oder anderen Kunststoffen bestehen. Das ist sogar in der Regel der Fall, da sie als reißfester gelten.
Ausgenommen sind auch die Waschzettel etc. Sie bestehen oft auch aus Kunstfaser.
Aber auch Aufdrucke/Prints aus Kunststoff oder aufgeklebte Glitzerpartikel sind nicht aufgelistet und lösen sich.
Hier sind Beispiele:
Strasssteine oder Pailletten lösen sich.
Pailletten, Perlen oder Strasssteine werden gerne auf Klamotten oder Schuhe geklebt oder gestickt. Damit sehen viele Klamotten edler aus. Allerdings können sie sich lösen und man merkt es nicht. Erst wenn sich viele Pailletten gelöst haben, fällt es auf. So wie hier bei diesem Schuh. Er ist 2 Saisons getragen worden. Ihm fehlen einige Strasssteine und nun fällt es auch auf, wie viele Mikroplastikpartikel versehentlich in die Umwelt gelangt sind.
In den seltensten Fällen sind diese Glitzerdekorationen kompostierbar oder zumindest schnell biologisch abbaubar. Aktuell müsst ihr davon ausgehen, dass sie lange in der Umwelt bleiben.
Mikroplastik löst sich von den Sohlen deiner Schuhe
Wie beim Reifenabrieb vom Auto auch, löst sich der Kunststoff von den Sohlen unserer Schuhe bei Benutzung. Klar, es ist deutlich weniger als beim Auto, weil wir weniger Kilometer gehen und das deutlich langsamer - aber es passiert.
Pro Kopf geht man in Deutschland von 100g Abrieb pro Jahr nur durch Schuhe aus. (2)
Klingt nach nicht viel? Dann bedenkt bitte, dass gerade die winzigen Partikel, die in den Nanobereich gehen, besonders bedenklich sind. Denn sie können in den Körper des Menschen eingebaut werden. Man hat sie im Darm, Plazenta, Lunge, Gehirn etc. gefunden. Dort sind sie ein Fremdkörper und können gesundheitliche Probleme auslösen. Wenn man weiß, dass diese winzig kleinen, nicht sichtbaren und extrem leichten Partikel das Problem sind, dann sind 100g in der Tat gar nicht mal so wenig.
Es gibt kompostierbare Schuhe - aber wenig!
Soll ich jetzt barfuß laufen? - Wenn Du willst, kannst Du das tun.
Aber nebst dem gibt es relativ wenig Alternativen. Da muss die Industrie nachbessern und biologisch abbaubare Stoffe herstellen und nicht du!
Tatsächlich ist das auch möglich z.B. bei Flipflops.
Die Flipflops von Boombuz haben zwei meiner Kids als auch ich getestet - natürlich unbezahlt und unaufgefordert. Also reine Neugierde.😀
Mittlerweile steht übrigens auf deren Homepage nur noch biologisch abbaubar darauf und nicht kompostierbar. Ich habe direkt bei Boombuz nachgefragt, ob sich etwas geändert habe. Sie haben mir schriftlich bestätigt, dass die Flipflops immer noch kompostierbar sind. Sie hätten sich dazu einer Prüfung eines Fachinstituts unterzogen.
Wie war das Fazit über die Schuhe?
1 Paar ist nach vier Jahren kaputt, 2 Paar waren nach zwei Saisons und wenig tragen durch und kamen auf den Kompost. Tatsächlich waren sie in kürzester Zeit weg.
Generell würde ich aber die Restmülltonne empfehlen. Bei uns war die Kompostaktion interessehalber. Rein von der Energiebilanz aus gesehen, ist es aber besser sie zu verbrennen und Energie daraus zu gewinnen. Das ist normalerweise bei allen kompostierbaren Kunststoffen der Fall.
Machen kompostierbare Schuhe überhaupt Sinn, wenn sie eh verbrannt werden sollen?
Ja, weil durch Abnutzung beim Laufen kleine Partikel entstehen und die würden sich dann zersetzen. Bei Mikroplastik ist das laut Definition nicht der Fall. Das zersetzt sich nicht oder viel zu langsam.
Außerdem sind in kompostierbaren Produkten kaum bis gar keine Schadstoffe zugelassen. Die können dann weder Euch noch die Umwelt schädigen, weder beim Tragen der Schuhe noch bei der Produktion.
Schaut euch mal Tests von Schuhen an. Die strotzen fast immer vor gesundheitsschädlichen oder bedenklichen Chemikalien. Bei als kompostierbar zertifizierten Produkten ist dann automatisch weniger davon drin.
Nichts behaupte ich nicht, denn es gibt ein rechtliches Schlupfloch. Wenn euch das interessiert, schreibt mir gerne in die Kommentare. Dann mache ich dazu noch etwas. Das heißt aber nicht, dass Hersteller kompostierbarer Ware automatisch diese Schlupflöcher benutzen. Aber es kam und kommt schon vor.
Ihr seht, Vieles wäre möglich, wenn die Menschen es denn täten.
So sehr man also darauf achtet, man kann sich bis heute selten sicher sein, dass man kein Mikroplastik in die Umwelt einträgt. Man müsste auf so viele Kleinigkeiten achten.
Bitte seid dadurch nicht entmutigt. Achtet einfach weiterhin auf Naturfasern oder Klamotten ohne Glitzer und Pailletten. Ihr sorgt somit dafür, dass sich weniger in der Umwelt anreichert. Das ist auch viel wert.
Was man machen könnte - das ist aber für Fortgeschrittene Zero Waster:
Als erstes Naturfaserklamotten kaufen, am besten welche, die kompostierbar sind. Leider sind es sehr wenige und auch noch teuer. Sie gibt es außerdem selten vor Ort.
Wenn ich Klamotten repariere oder upcycle und daraus waschbare Abschminkpads, Taschen oder ähnliches nähe, verwende ich Bio - Baumwollgarn. Das reißt etwas leichter als das Garn aus Polyester. In der Regel macht das nicht viel aus. Habt ihr aber Stellen, die besonders strapaziert werden, wie Naht am Hintern, dann nähe ich hier mit einer Doppel - oder Dreifachnaht. Das braucht mehr Faden, ja, aber es setzt kein Mikroplastik frei.
Es gibt einige Unternehmen, die selbst Textilien herstellen oder nähen. Manche sind offen dafür, dass sie eure Produkte mit Baumwollgarn nähen. Unterstützt sie! Dies sind vor allem kleinere 1-Person - Unternehmen. So könnt ihr auch noch einmal reduzieren.
Das sind allerdings Punkte, die wirklich erst für fortgeschrittene Zero Waster sind.
Für Anfänger ist Folgendes besser:
Wenn ihr am Anfang z.B. beim nächsten Kauf darauf achtet, dass
👉 Eure Klamotten aus Naturfasern bestehen, (mehr dazu)
👉 ihr Einwegplastik vermeidet, (mehr dazu unter Plastiksparen für Anfänger)
👉 Strom aus erneuerbaren Energien bezieht,
👉 weniger Auto fahrt oder
👉 Lebensmittel besser verwertet, (mehr dazu)
erreicht ihr mehr, als wenn ihr Euch im Detail verliert.
Seid ihr aber schon Profis, könnt ihr natürlich auch darauf achten.
Was ich aber damit sagen will, verliert am Anfang nicht den Blick für die größeren Gamechanger.
Quellen:
(2) Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik in Oberhausen
(3) Universität of Columbia (Quelle)
(4) (Quelle: Environ. Sci. Technol. Lett.2022, 9, 2, 120–126, Microfibers Released into the Air from a Household Tumble Dryer)
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