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Mehr Mehrweg statt Einweg - das neue Gesetz

- ab 2023 gilt das neue Verpackungsgesetz -

orange farbene Tragetasche auf einem Tisch. Davor zwei Doppelstöckige Bentoboxen aus Edelstahl. Bei einer ist der Deckel ab und man sieht indisches Essen darin.
Bisher war nur privater Mehrweg mit selbst mitgebrachten Behältern möglich - wenn überhaupt. Ab 2023 ändert sich das.

In Zukunft soll es mehr Mehrweg geben! Das ist doch mal ein schöner Vorschlag, um Zero Waste, also Kreislaufwirtschaft umzusetzen. Das Ziel: weniger Müll und Verpackung und dass die Erde weder ausgebeutet, noch Ressourcen verschwendet oder zerstört werden.

Also weniger negative Auswirkungen auf die Umwelt .


Was bedeutet das konkret?

Fastfoodketten, Kaffeeläden, Imbissbuden und andere Einrichtungen, die Essen und Getränke „to go“ anbieten, sollen nun auch Mehrwegverpackungen anbieten müssen. Damit sollt Ihr als Verbraucher/innen entscheiden können, ob ihr nun Mehrweg nehmt oder die Einwegverpackung. Bisher konnte man das meistens nicht, weil es kein entsprechendes Angebot gab. Da musste man schon selbst eigene Verpackung mitnehmen, sofern das Geschäft die auch angenommen hat. Apropos eigene Verpackung: ist ein Geschäft kleiner als 80m2, muss es nicht zwingend Mehrwegverpackungen anbieten. Es reicht dabei auch, wenn sie Mehrwegverpackungen von Kunden annehmen. Damit versucht man kleine Unternehmen finanziell zu entlasten.


Mehrweg to go darf nicht teurer als Einweg sein!


Aber auch die Verbraucher sollen nicht draufzahlen: Mehrwegverpackungen dürfen nicht teurer sein. Die Verkäufer dürfen dafür keinen Aufpreis von Euch verlangen. Pfand, den ihr wieder zurückbekommt, ist aber erlaubt.


Wie hygienisch ist Mehrweg to go?

Natürlich müssen die hygienischen Standards auch erfüllt sein.

Was Geschäfte schon jetzt dabei beachten sollen, wenn Kunden ihre eigenen Behältnisse mitbringen, kann man z.B. in der Hygienerichtlinie vom bayerischen Staatsministerium nachlesen. (Hier findet Ihr sie zum Download) bzw die Leitlinie des Lebensmittelverbandes als PDF zum Download. Die Leitlinie ist von allen Bundesländern und damit bundesweit von den Überwachungsbehörden anerkannt und gibt deshalb den verantwortlichen Lebensmittelunternehmen besondere Verfahrenssicherheit. Aus der eben verlinkten Hygienerichtlinie geht auch hervor dass es den Geschäften schon damals erlaubt war und ist, kundeneigene Mehrwegbehältnisse anzunehmen. Dass Geschäfte diese ablehnen, wenn sie dreckig sind, ist klar und soll auch so sein. In der Regel achten die Kunden aber auf saubere Behälter. Lehnen Geschäfte, wie es aktuell leider immer noch vorkommt, saubere Behälter ab, ist das mit der neuen Richtlinie nicht mehr so einfach möglich, sofern die To Go anbieten. Ein kleiner Gastrobetrieb kann kundeneigenen Mehrweg also nicht mehr so einfach ablehnen. Wenn er das tut, kann er auch auf Mehrwegsysteme zurückgreifen oder muss es dann künftig sogar.

Große Geschäfte (größer als 80 Quadratmeter Ladenfläche) sollen sogar laut des neuen Verpackungsgesetztes, das ab 2023 gilt, dazu verpflichtet werden, ein eigenes Mehrwegsystem anzubieten.

Solche Mehrwegsysteme gibt es zum Teil schon seit Jahren. In meiner Region ist der ReCup sehr bekannt (https://recup.de/). Deshalb nehme ich ihn nun als Beispiel. Der ReCup ist ein Mehrwegbechersystem. Er besteht aus Polypropylen, also einem lebensmittelechtem und bruchsicherem Kunststoff, der immer wieder verwendet werden kann.

Wie funktioniert so ein Mehrwegsystem?
Mehrweg: Unter einer professionellen Kaffemaschinen stehen drei ReCup-Becher aus Plastik in unterschiedlichen Größen.
@ReCup

Nehmen wir als Beispiel den ReCup, da das schon recht groß und bekannt ist: Ihr bestellt statt einem Einwegbecher einen ReCup, hinterlegt einen Euro als Pfand. Dann ihr trinkt den Becher leer und gebt ihm im nächstgelegenen Geschäft, das den ReCup anbietet, gegen das Pfand wieder zurück. Aber wo ist das nächste Geschäfte, das den ReCup annimmt? Dazu gibt es eine App, in der man nachsehen kann, welche Geschäfte in der Nähe mitmachen. so dass man nicht zum selben Geschäft wieder hin muss. Das ist kundenfreundlich. Schließlich muss Kunde muss den Becher nicht lange mitschleppen und er muss nicht das nächste Mal daran denken, den Becher wieder genau bei diesem Geschäft zurückzubringen. Bei uns zu Hause würde der sonst ewig im Küchenschrank stehen. Erstens nutzen wir sehr selten To Go und zweitens wurde ToGo und ein Mehrwegbechsersystem meist nur in der Stadt angeboten - bis jetzt - und da bin ich nicht allzu oft. Da ist es dann schon praktisch, wenn man Mehrwegbehälter an unterschiedlichen Stellen abgeben kann und das im näheren Umkreis. Dieses System gibt es nicht nur für To-Go-Becher, sondern auch für Essen zum „Take away“. Das bietet z.B. auch ReCup an und nennt die Mehrwegbehälter, in die ihr dann Euer Mittagessen einpacken lassen könnt, ReBowl. Sie sind auslaufsicher und funktionieren genauso, wie das ReCup - System.

ReBowl-Dosen mit Deckel. Alles aus türkisen Kunststoff.
@ReCup

Das neue Verpackungsgesetz klingt wirklich sehr gut. Aber: Eine Herausforderung wird allerdings sein, dass man die Kunden dazu animieren muss, auch die Mehrwegboxen zu nutzen und ich bin überzeugt, dass da ein Mehrwegsystem nötig ist, das kundenfreundlich, bequem und machbar ist, ansonsten wird es nicht angenommen und scheitert. Stellt Euch mal folgende Situationen vor, bei dem ein nicht durchdachtes Pfandsystem scheitert - genau solche Situationen müssten vermieden werden:

Fall 1: Die Geschäftsfrau aus Ludwigshafen hat kein Mehrweggeschirr dabei und entscheidet spontan sich etwas zu essen zu holen. Sie ist auf Reisen und kommt nicht so schnell wieder in die Stadt Rosenheim. Wenn sie da Behältnisse wieder genau in diesem Geschäft in Rosenheim abgeben müsste, entscheidet sich die Ludwigshafenerin sicherlich für die Einwegvariante. Denn sie kann es schlecht zeitnah wieder zurückgeben und müsste es, falls sie überhaupt wieder nach Rosenheim kommt, in ihrem kleinen Küchenschrank lagern, der eh aus allen Nähten platzt.

Fall 2: Ein altes Ehepaar macht Besorgungen in der Stadt, was sie nicht allzu oft machen und holen sich etwas zu essen. Gewöhnlich kommen sie nur alle paar Monate in die Stadt. Beim nächsten Besuch vergessen sie, die Behälter wieder mitzunehmen, die währenddessen im Küchenschrank Platz wegnehmen und verstauben. Sie entscheiden sich dieses Mal für die Einwegvariante und ärgern sich, dass die Behälter immer noch im Schrank Platz

Fall 3: die Arbeitskollegen beschließen, den neuen Imbiss auszuprobieren. Sie essen gerne täglich woanders, weil es sonst fad wird. Sie holen das Essen für die gesamte Belegschaft von 10 Leuten ab und essen gemeinsam in der Küche der Redaktion. Wenn nun jedes Geschäft ein eigenes Mehrwegsystem hat, dann wäre ihnen die Rückgabe zu kompliziert und sie nehmen Einweg. Heute den neuen Imbiss, morgen den leckeren Chinesen, übermorgen die Spaghetti. Wie bringen sie den Mehrweg von gestern zurück? Soll noch einmal ein Kollege zum neuen Imbiss von gestern düsen, um den Mehrweg zurückzubringen, obwohl der entgegengesetzt liegt zum Inder, bei dem sie heute essen wollen? Ist das ökologisch (Sprit, Reifenabrieb=Mikroplastik in der Umwelt)? Wen bringt man dazu, die Zeit zum Rückgeben zu opfern. Soll man die Mehrwegbehälter in der Küche des Arbeitsgebers stapeln, sofern überhaupt vorhanden? Reicht dafür überhaupt der Platz und ist das dem Arbeitsgeber recht? Meist ist das eher weniger gewünscht. Des weiteren würde das Lagern zusätzliches Abspülen bedeuten, ansonsten gammelt und stinkt es. Aber ist es ökologisch die Behälter ein weiteres mal abzuspülen, wenn die Geschäfte sie in der Regel bei einem Mehrwegsystem eh noch einmal abspülen müssen? Denn schließlich haften sie ja. Bei kundeneigenen Gefäßen ist es ja etwas anderes. Die Haftung liegt bei diesen Gefäßen beim Kunden. Aber stellt z.B. der Imbiss die Behälter, haftet er für die Sauberkeit und dann spült er lieber noch einmal extra.

Deshalb halte ich es für wichtig, dass diese Mehrwegsysteme so aufgebaut sind, dass man die Behälter nicht nur bei einem einzigen Geschäft zurückgeben kann, sondern flächendeckend in der Umgebung bei vielen unterschiedlichen. Das ist bequem und damit auch machbar und auch ökologisch. Das heißt, es müsste sich ein Mehrwegsystem oder zwei, vielleicht auch drei, gebietsweise etablieren. Bei mehr als drei befürchte ich persönlich, dass es bei der Rückgabe wieder schwierig und kompliziert wird. Darauf hat keiner Lust und das Projekt Mehrwegsystem scheitert, obwohl es eine gute und ökologische Idee ist. Es müssten sich also die Geschäfte einer ganzen Region absprechen, welche Behälter sie anbieten. Vielleicht müssten da die Gemeinden auch unterstützen. Möglicherweise bräuchte es auch finanzielle Anreize. Schließlich ist es bequemer die Einwegverpackungen vor der Türe oder unterwegs in den Restmüll zu werfen. Vielleicht sollte man sich für die Umsetzung überlegen, Essen in Einwegverpackungen mit Aufschlag zu verkaufen. Wären Essen und Getränke in Einwegverpackungen teurer als im Mehrweg, dann überlegen sich einige vielleicht doch ihre Gewohnheiten zu ändern und auf den bequemen Einweg zu verzichten.


Warum ein neues Verpackungsgesetz? Was sieht es sonst noch vor?

Das neue Verpackungsgesetz sieht diese Änderung ab 2023 vor. Es versucht mit diesem Gesetz die europäischen Vorgaben der Einwegkunststoff- und der Abfallrahmenrichtlinie im Verpackungsgesetz umzusetzen. Im Endeffekt nimmt die Politik nun die Industrie mehr in die Verantwortung und verschärfen die Pflichten für Verpackungshersteller. Stellt ein Unternehmen Verpackungen her, die dann Abfall werden, müssen sie sich finanziell an der Entsorgung beteiligen und sie auch sicherstellen. Die Reinigung von öffentlichen Plätzen, die Leerung der Mülltonnen im öffentlichen und privaten Rahmen, das Sortieren etc. Das wirft alles Kosten auf und die müssen gedeckt sein. Zur Not können solche Hersteller auch für die „organisatorischen Bewirtschaftung“ verantwortlich gemacht werden, d.h. sie müssen die getrennte Sammlung sowie Sortier- und Behandlungsverfahren übernehmen. Das Ganze nennt man „erweiterte Herstellerverantwortung“. Falls Euch also dieser Begriff demnächst nun vermehrt in den Medien unterkommt, dann wisst Ihr nun, was gemeint ist.


Es soll sogar noch mehr kommen und das betrifft die Pfandflaschen.

Pfand bedeutet nicht immer Mehrweg!

Das ist vielen nicht klar. Pfand kann auch auf einer Einwegflasche sein.

Da die Menschen bequem sind, nutzten zu wenige das Mehrwegsystem. Bei Einweg hätte man sich das Auslegen des Pfandes und das Zurückbringen der Flaschen sparen können.

Weil man die Leute aber dazu bringen wollte, mehr Mehrweg zu kaufen, führt man als Konsequenz auch den Pfand auf Einweg ein. Damit war Einweg theoretisch nicht mehr bequemer.

Grafik: Mehrweg versus Einweg: Es zeigt die Siegel für Einweg und Mehrweg. Außerdem, dass man für Mehrweg in der Regel nur 8-15 Cent Pfand zahlt, für Einweg dagegen 25 Cent

Mehrweg hat in der Regel den niedrigeren Pfandeinsatz.

Ausnahmen bestätigen die Regel: Es ist erlaubt, auf Mehrwegflaschen mehr als 15 Cent Pfand zu anzusetzen. Das verlangen in der Regel meist nur Bierbrauereien mit speziellen Designerflaschen. Das ist aber weder kundenfreundlich noch ökologisch sinnvoll.


Ein weiterer Grund, den Pfand einzuführen war:

Viele Läden boten keine Mehrwegflaschen zum Verkauf an. Denn Mehrweg bedeutet Personal, eventuell einen Pfandautomaten und Platz. Platz ist rar und teuer. Um Kosten zu sparen, boten einige Geschäfte deshalb kein Mehrweg mit Pfand an.

Mit dem Pfand auch auf Einwegflaschen gab es theoretisch keine finanziellen Anreize mehr auf Mehrweg zu verzichten.

Aktuell (Feb. 2021) ist es so, dass die Pfandpflicht nicht auf alle Einweggetränkeflaschen fällt. Säfte oder Getränke ohne Kohlensäure fielen da raus. Fruchtsäfte/-nektare und Gemüsesäfte/-nektare ohne Kohlensäure, - Milch und Milchmischgetränke mit mind. 50% Milchanteil, weitere Milcherzeugnisse zum Trinken, wie Joghurt und Kefir, diätetische Getränke, die ausschließlich für Säuglinge und Kleinkinder angeboten werden, Wein, Sekt und Spirituosen, alkoholische Mischgetränke mit einem Anteil von mind. 15% Alkohol. Nun (2024) wird die Einwegpfandpflicht auf sämtliche Einweggetränkeflaschen aus PET und auf Aluminiumdosen zu erweitert. Die bisher geltenden Ausnahmen entfallen.

Es ist außerdem in Planung, dem Ziel Zero Waste noch näher zu kommen: PET-Einwegflaschen sollen umweltfreundlicher werden. Und das will man damit schaffen, indem man den Anteil an Rezyklaten, also recyceltem PET, vorschreibt. 2025 sollen 25% in Einwegflaschen aus Rezyklat bestehen und 2030 sogar 30 Prozent. Das ist machbar. Es sind sogar PET- Flaschen theoretisch zu 100% aus recycelten PET - Flaschen möglich. Ja, auch bei Lebensmitteln! Da sind wir mittlerweile so weit. Aber das Problem ist, dass es billiger ist, komplett neu zu produzieren, als auf den recycelten Stoff zurückzugreifen. Jetzt sollen die Unternehmen, die die PET-Einwegflaschen herstellen, aber verpflichtet werden, Rezyklate zu nutzen, auch wenn es teurer ist. Der Umwelt zu liebe. Nutzt Ihr schon ein Mehrwegsystem? Oder nehmt Ihr Eure Sachen selbst zum Einkauf mit? Welche Erfahrungen habt Ihr damit gemacht?

Dieser Artikel wurde nicht gesponsert und enthält keine Kooperationen. Die Dosen auf dem Bildern, sowie das Essen, sind selbst gekauft. Meldet Euch gerne unten für den Newsletter an oder trefft uns hier auf Facebook, Instagram oder Pinterest! Dieser Artikel erschien das erste Mal im Februar 2021 und ist nun überarbeitet worden, da der Gesetzesentwurf angenommen worden ist und nun Schritt für Schritt gilt.

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