Das Wirrwarr mit dem Pergamentpapier
20. Mai 2015 Die Frage kam bei unserem Post "Die Butterfrage" auf. Ist Pergamentpapier nun kompostier- bzw. recycelbar? Wir hatten eine Butter gefunden, die in Pergamentpapier eingewickelt war. Die Verkäuferin erklärte uns, dass wir das kompostieren könnten. S
o posteten wir das auch, ohne zu ahnen, was sich hinter dem Begriff alles verbirgt. Wir hatten keinen Zweifel, dass Pergament kompostierbar wäre, denn geht man zum Bäcker bekommt man es zwischen den Sahnekuchenstücken, genauso beim Metzger oder im Käseladen als Trennlage und da kam bisher einhellig die Aussage: "Das können Sie kompostieren". Ein Leser wies uns daraufhin, dass Pergamentpapier nicht kompostierbar ist, Pergamentersatzpapier dagegen schon. Auf der Packung stand aber: Pergamentpapier:
Als Pergamentpapier wird im allgemeinen Sprachgebrauch aber vieles bezeichnet, haben wir bei den Recherchen herausgefunden. Unter der Bezeichnung Pergamentpapier findet man z.B. auch Papier zum Backen, zum Einwickeln von fetthaltigen Lebensmitteln, Butterbrotpapier, Wachspapier, Transparentpapier, diverse Bastel- und Zeichenpapiere uvm. Keines davon besteht aus Tierhaut, wie es in der Antike üblich war. Aber nicht alles ist kompostierbar, biologisch abbaubar oder recycelbar. Aber einiges davon wohl! Alles nennt sich im allgemeinen Sprachgebrauch Pergamentpapier. Echtpergamentpapier ist nicht recycelbar und kompostierbar. Echtpergament besteht aus stark zerkleinerten Zellulosefasern, die mit Schwefelsäure behandelt werden, damit es 100% fettabweisend ist. Durch die Behandlung ist das Papier aber nicht mehr kompostierbar und gehört in den Restmüll. Es wird als Verpackungsmaterial u.A. für Wurst und Käse, sowie Butter und Fetten eingesetzt. Pergamentersatzpapier ist mit dem Altpapier recycelbar und biologisch abbaubar. Es besteht aus dickem, wasserfesten Zellstoff, meist aus Fichtenholz gewonnen, ist lebensmittelgeeignet, geruchsneutral und fettdicht. Schaut man im Duden nach, findet man diesen Begriff aktuell gar nicht. Es scheint aber ein Fachbegriff aus dem Papier verarbeitenden Gewerbe zu sein. Bei Google findet man eine Menge Anbieter solcher Produkte. Manche bezeichnen auch Pergamin/Pergamyn als Pergamentersatzpapier. Allerdings gibt es da einen Unterschied: Pergamin ist transparent, Pergamentersatzpapier an sich weniger. Pergamin ist im Unterschied zu Echtpergament nahezu fettdicht, aber nicht nassfest. Es findet Einsatz als Drachenpapier, Bastelpapier, Sahneabdeckpapier oder, weil es atmungsaktiv, geschmacks- und geruchsneutral ist, auch als Verpackungspapier. Es ist genau, wie Pergamentersatzpapier voll biologisch abbau- und recycelbar. Nun also die große Frage: Ist das Pergamentpapier dieser Butter nun recycelbar und kompostierbar oder nicht?
Zuerst: Das Papier haben wir nicht mehr im Kompost gefunden... Dann fragte ich beim Hersteller, der gläsernen Molkerei an. Dort bekam ich einen sehr netten Mann an den Apparat, der sich gleich bereit erklärte nachzusehen. In der Produktbeschreibung fand er nur Pergamentpapier. Aber welches denn nun? Pergamentersatzpapier? Echtpergament? Ist es kompostierbar - ja oder nein? Er machte sich die Mühe deshalb beim Hersteller und deren Zulieferer anzufragen. Es kam heraus, es handelt sich um Pergostar, das biologisch abbaubar ist und mit dem Altpapier recycelt werden kann. Der Begriff Pergamentersatzpapier war hier aber nicht bekannt. Sucht man nach Pergostar, das von Pfleiderer Spezialpapiere hergestellt wird, findet man es unter Pergamentersatzpapieren aufgelistet. Folglich: das Pergamentpapier der Butter ist biologisch abbaubar und kompostierbar. Ist es nicht verschmutzt, auch mit dem Altpapier recycelbar. Stark verschmutztes Papier darf allerdings nicht mit in die Altpapiertonne, sondern muss zum Restmüll. Wenn Pergament draufsteht (sofern es drauf steht), kann es offensichtlich immer noch Pergamentersatzpapier und kompostierbar sein.
Folgende Papiere werden im allgemeinen Sprachgebrauch oft mit Pergamentpapier in Verbindung gesetzt: Backpapier: wurde früher oft aus Pergament hergestellt, in Europa wird heute meist mit Silikon (manchmal auch mit Quilon) beschichtetes Papier verwendet, i.d.R. kompostierbar. Ich würde aber raten, eines ohne Silikon zu verwenden. Denn Silikon ist nicht kompostierbar. Da aber das Backpapier samt hauchdünner Silikonbeschichtung, wie vorgegeben in kleine Teile zerfallen ist, gilt es als kompostiert. Reine Definitionssache. Butterbrotpapier: Pergamentersatzpapier, kompostierbar Wachspapier: i.d.R. kompostierbar; uneingeschränkte Kompostierbarkeit durch das Labor OWS (Organic Waste Systems) in Ghent (Belgien) in einer Studie erwiesen unter Berücksichtigung der CEN-Norm EN 13432 Fettpapier: Pergamentersatzpapier, kompostierbar Die Butterfrage hat also zu einer kleinen Exkurs über "Pergamentpapier und was man alles im Allgemeinen Sprachgebrauch so nennt, aber keines ist" geführt. Dies ist mal wieder ein Beweis dafür, dass man vom Hundersten ins Tausendste kommt, wenn man sich erstmal für Zero Waste zu interessieren anfängt.
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