6 Monate Stoffwindeln liefen nicht ganz ohne Restmüll...
Zero Waste mit Baby: Stoffwindeln
Windeln zum Wegwerfen machen 8% des Restmülls aus. Mit Stoffwindeln kann man Abfall und Geld sparen. Die modernen Modelle kommen locker an Einwegwindeln von Saugkraft und Tragekomfort heran. Aber welche Stoffwindel wählt man? Ein kleiner Guide durch das Wirrwarr von Windelbegriffen in der Stoffiwelt und welche Windeln sich als Erstaustattung und auch darüber hinaus eignen.
2016 „Entscheide Dich zwischen Wollis und PUL, Snap oder Klett, zwischen AIOs, Pockets, Hybrids oder Überhosen oder Mullis! Prefolds sind auch gut in Kombination mit Onesize-Überhosen.“
Alles klar?
Wenn ja, dann sind Sie schon ein Stoffwindel-Profi. Wenn nicht, dann verstehen Sie sicher, warum uns am Anfang die Ohren geschlackert haben.
Logo, wenn man Müll vermeiden will, dann ist die meistgewählte Alternative zu Wegwerfwindeln die Stoffvariante, manchmal auch in Kombination mit windelfrei. Nehmen wir mal 5 Windeln pro Tag auf drei Jahre an, dann sind das 5475 Windeln bis das Kind trocken ist. Ein ordentlicher Windelberg. Angeblich würden jährlich 3 000 000 000 (drei Milliarden) Windeln in den Restmüll wandern!!! Das sind 10% des aufkommenden Restmülls!
Stoffwindeln braucht man deutlich weniger. Ich würde Ihnen ja gerne genau sagen, wieviel man braucht, aber da muss man sich erstmal für ein Windelsystem entschieden haben. Davon gibt es viele. Für jede Vorliebe und jeden Babytypen findet man das Passende. Nur welcher Babytyp würde es? Groß, schlank, breite Hüften?
Das Problem war nur: Das Baby war noch im Bauch, der Ultraschall hat auch seine Grenzen und hellseherische Fähigkeiten hatte ich auch nicht.
Das Ganze führte dann dazu, dass wir drei Wochen vor der Geburt vor lauter verschiedener Meinungen und Möglichkeiten immer noch keine Windeln hatten.
Nur eines war klar: Wollwindeln (Wollys) als Überhose wollten wir nicht.
Das hatte mehrere Gründe:
Papa Daniel und unsere Tochter Leni hassen es, Wolle anzufassen. Wie das Tier gehalten wurde, war meist auch unklar. Die Wollwindeln sollten mit der Hand gewaschen werden. Noch dazu müssen sie in regelmäßigen Abständen eingefettet werden. Das bedeutet Mehraufwand, zusätzlich das Fett samt Verpackung und Kosten, wobei sich das in kleinem Rahmen bewegen dürfte. Wollies brauchen länger beim Trocknen, also braucht man mehr. Außerdem wurde uns von Baumwollunterwäsche in Kombination mit Wollüberhosen abgeraten. Blöd, gerade die hatten wir noch von unseren ersten beiden Kindern. Grund sei, dass die Baumwolle gut saugt und sie würde die Feuchtigkeit aus der Wollüberhose aufnehmen. Die Folge: die Klamotten werden feucht. Es sei besser, Bodys aus einem Wolle-Seide-Gemisch zu verwenden. Das hieße wieder Aufwand (Neuanschaffung und Loswerden der alten Bodys) und Kosten. Das waren unsere persönlichen Gründe, aber ich weiß, dass viele mit den Wollys richtig zufrieden waren und damit auch die Geschwisterkinder gewickelt haben und die Wollys dann noch verkaufen konnten. Die Qualität soll sehr gut sein. Aber trotzdem, sie fiel bei uns halt raus :-). Ist eine individuelle Sache.
Man kann sich Windeln leihen. Aber das wollten wir nicht, weil ich auf manche Duftstoffe in Waschmitteln allergisch reagiere. Wenn sie gebraucht sind, werden sie auch gewaschen und nicht immer duftstofffrei. Gang und gäbe ist es, sich einfach mehrere Systeme zu kaufen und dann wenn das Baby da ist, auszuprobieren, was am Besten passt und das dann nachkaufen. Die nicht passenden Windeln werden dann wieder verkauft. Nachteil: Aufwand, Transport (Kosten, Verpackung, CO2 etc.), Verlustgeschäft, denn beim Neukauf zahlt man ja mehr als man für Gebrauchte bekommen kann. Von Anfang an gebraucht kaufen wäre eine Alternative. Allerdings gab es bei uns im Umkreis keine zu kaufen. Sie zusenden lassen, hätte noch mehr Transport bedeutet, denn die Wahrscheinlichkeit, dass jemand die drei Windelsysteme hätte, die wir uns ausgesucht haben, war gering. Und den Zustand der Windeln kann man sich auch nicht in natura ansehen. Des weiteren waren sie mit Transport teilweise genauso teuer und in zwei Fällen sogar teurer. Warum das? Das Überhosenmotiv! Einige wickeln tatsächlich nur mit Stoffwindeln, weil die so klasse aussehen und manche Mütter geben sogar zu, regelrecht eine Sammelsucht nach den verschiedenen Motiven entwickelt zu haben!!
Summa Summarum: Wir haben uns entschieden!
Wir haben wasserdichte Überhosen aus Polyester (Blueberry Capri nennt sich die) mit Snaps (Druckknöpfen), dazu passende Einlagen (Inlays) aus Baumwolle und zwei aus Hanf.
Eine sehr liebe Freundin, die nach drei Mal waschen das Wickeln mit Stoffwindeln aufgegeben hatte, hat uns ihre Höschenwindeln (Popolini aus Baumwolle) vermacht.
Für die Nacht haben wir besonders saugfähige Nachtwindeln, auch Höschenwindeln. Diese kann man, wenn die Babys größer werden, genauso wie ihre „Geschäfte“ noch mal mit weiteren Einlagen auslaufsicher machen. Im Fachjargon nennt man das „Boostern“.
Außerdem haben wir noch zwei AIOs angeschafft, damit die Oma oder jemand, der nicht Stoffwindel affin ist, theoretisch auch wickeln kann. AIO ist die Abkürzung für All in One und bedeutet, dass man wie mit einer Wegwerfwindel wickelt – ohne Einlagen in eine Überhose legen zu müssen oder erst eine Höschenwindel anzuziehen und dann eine Überhose . Allerdings sind das die einzigen Windeln mit denen wir nicht zufrieden sind. Sie halten bei unserem Modell an den Beinen nicht dicht. Macht auch mehr Wäsche. Denn die ganze Windeln kommt danach in den Windelsack und nicht nur die Einlage oder die Höschenwindel. (Die Überhose kann den ganzen Tag weiterverwenden, außer sie wurde dreckig oder nass) Die AIOs würden wir nicht mehr anschaffen.
Mal ganz ehrlich: will man, schafft man es problemlos eine Höschenwindel zu schließen oder eine Einlage in die Überhose einzulegen.
Das Thema Stoffwindel hat einfach einen angestaubten und unpraktischen Ruf. Aber es ist echt nicht schwer! Die Windeln sind nicht mehr so wie vor 50 Jahren, sondern haben sich qualitativ weiterentwickelt. Ich hätte echt nicht so viel Bammel haben müssen!
„Stoffwindeln“ hatten Daniel oder ich geantwortet, wenn wir gefragt worden sind, wie wir das mit den Windeln bei der Müllvermeidung handhaben wollen. Darauf ernteten wir zu 90% schockierte Blicke oder manchmal Aussagen wie „Echt? Das würde ich nie tun. Schon gar nicht beim dritten Kind!“ oder „Das ist ja total aufwendig. Da kannst Du ja gleich in den Waschkeller ziehen!“ oder "Ich stell schon mal einen Rettungstrupp bereit, der Euch aus dem Windelberg freigräbt!"
Es war beruhigend zu wissen, dass wir in der Not gerettet würden :-)! Motiviert haben uns auch die netten Mails von einigen Leserinnen und Radio-Hörerinnen, die mit uns ihre Erfahrungen und Tipps geteilt haben. An dieser Stelle ein superdickes Dankeschön! Es läuft eigentlich ganz gut. Die Windeln riechen nicht nach Chemie, die Babyhaut ist klasse, alle zwei bis drei Tage werden die Windeln bei 60 Grad mit einem duftstofffreien und vollständig biologisch abbaubaren Waschmittel und Sauerstoffbleiche gewaschen. Den Windelsack (Wetbag) stülpen wir dazu einfach direkt in die Waschmaschine hinein, so dass man die dreckigen Windeln nicht wieder anfassen muss. Werden die Kinder gestillt ist der sogenannte „Muttermilchstuhl“ wasserlöslich und wird einfach ausgewaschen. Essen die Kleinen dann richtig vom Tisch mit, nimmt man wohl Windelvlies. Das gibt es in der Wegwerf- und in der waschbaren Variante. Aber so weit sind wir noch nicht. Beim Wegwerfvlies scheiden sich übrigens wieder die Geister: Darf das ins Klo oder nicht? Wer da Erfahrung hat, darf gerne kommentieren oder uns schreiben. Update 24.September 2016: Wir haben recherchiert und beim Klärwerk in Bruckmühl nachgefragt: Windelvlies darf nicht in die Toilette. Die Gründe und warum deshalb sogar Straßen abgesperrt werden müssen: weiterlesen
Auch der Geruch war überraschenderweise nicht der Rede wert. Aber das wird ja bekanntlich anders, wenn die Beikost kommt. Da bin ich ja sehr gespannt....
Also insgesamt sind wir recht zufrieden mit den Stoffwinden. Bis jetzt.
Aber es gab durchaus kleine Hürden.
Das erste war, das wir recht spät mitbekommen hatten, dass man die Einlagen und Höschenwindeln bis zu acht Mal waschen und trocknen sollte. Erst dann haben sie die optimale Saugfähigkeit. Und wie gesagt, wir haben uns erst drei Wochen vor dem errechneten Geburtstermin für Stoffwindeln entschieden. Beim dritten Kind ist man da vielleicht etwas lockerer, wenn die ersten beiden sich schon deutlich Zeit ließen :-) Bei den gebrauchten Höschenwindeln von meiner Freundin war das Einwaschen ja schon geschehen. Die neuen Einlagen und Nachtwindeln mussten nun aber mal zügig in die Trommel. Eine Stoffwindel - erfahrene Freundin meinte, dass bei Neugeborenen auch drei Mal waschen und trocknen reichen würde. Bei ein paar Einlagen befolgten wir den Rat.
Aber da hatte keiner die Rechnung mit unserem kleinen Feuerwehrmann gemacht :-).
Erwischten wir diese Einlagen, war die Überhose nass, hatte man Pech, auch die Klamotten. So kam eins zum Anderen. Wir kamen mit den drei Überhosen (so viele werden für Neugeborene empfohlen) nicht aus. Zwangsläufig mussten wir immer mal wieder auf Wegwerfwindeln zurückgreifen. Da hatten wir gottseidank eine kleine Packung zu hause, falls alle Stricke reißen. So brauchten wir drei Hand voll Wegwerfwindeln in den ersten 3 Wochen zusätzlich. Danach keine einzige mehr. Die kommen also dieses Jahr zu unserem Müllglas dazu und ich bin mal generell gespannt, was noch :-). Letztes Jahr war es ein Baustaubsaugerbeutel von der Badrenovierung. Müllvermeidung zu 100% bleibt halt einfach (noch) eine Utopie. Aber es muss ja nicht perfekt sein, schließlich zählt jeder Schritt in die richtige Richtung.
Wir haben übrigens keine Überhosen nachgekauft, da in den ersten drei Monaten empfohlen wird sogenannte Newborns zu verwenden, also besonders kleine Windeln für Neugeborene.
Danach steigt man je nach Windelsystem auf die nächste Größe oder sogenannte Onesize- Windeln um. Es hätte sich also nicht rentiert nachzukaufen, insbesondere nachdem Vincent nach 6 Wochen schon die Größe und das Gewicht eines 3-Monatsbabys hatte.
Wir haben uns übrigens für Onesize, also Windeln in Einheitsgröße entschieden. Diese kann man durch die geschickt platzierten Druckknöpfe in der Größe variieren und auch den Beinausschnitt vergrößern oder verkleinern. Obwohl Vincent zwischenzeitlich mal Speckbeine hatte, dann wieder wuchs und schlanke Oberschenkel präsentierte, passten die Windeln in den ersten sechs Monaten immer.
Was mir als Mama allerdings nicht in den Kram passte, war der dicke Windelpopo, insbesondere in den ersten paar Wochen. Papa Daniel fand es jetzt nicht schlimm, der tiefenentspannte Vincent offensichtlich auch nicht, aber im Verhältnis zum restlichen Körper fand ich den Windelpopo enorm. Mittlerweile ist der Windelpopo im Verhältnis kleiner oder ich habe mich daran gewöhnt. Bedenken hatte ich außerdem, dass der Kleine in der Bewegungsfreiheit eingeschränkt sein könnte. Scheinbar grundlos. Mit seinen sechs Monaten robbt und kullert er durch den Raum und wippt fröhlich im Vierfüßlerstand.
Es hat sich also alles eingespielt. Durch die Windeln und das weitere Kind habe ich nun zwei bis drei Wäschetrommeln mehr zu waschen und zu trocknen, dafür habe immer genug Windeln zu hause und wir haben weniger Müll und Ausgaben.
Apropos Trocknen: Bevor Vincent kam, hatte unser Trockner im Keller Staub angesetzt, weil wir die Wäsche Lufttrocknen ließen. Er ist nun wieder ab und an in Betrieb. Nicht weil es zu viel Wäsche zum Aufhängen wäre, sondern weil Baumwollwindeln nach ein paar Mal Lufttrocknen hart und rauh werden. Echt unangenehm! Mit etwas schütteln, ziehen und kneten wird es zwar besser, aber nicht toll. Also schmeiße ich alle drei, vier Mal wieder den Trockner an, damit sie wieder angenehm flauschig sind.
Ein paar Seiten, die weiterhelfen:
www.tragelotti.de (Dieser Laden ist auch mobil und kommt im Landkreis Rosenheim auch ins Haus. Leider habe ich das erst hinterher gefunden, aber mittlerweile schon ausprobiert. Katalin ist total nett und kennt sich richtig gut aus. Übrigens auch was Tragehilfen angeht)
New Mamas world Sehr informativ waren auch die Videos von Louis von New Mamas World auf Youtube. Von Newborn bis Nachtwindeln hat sie die wichtigsten Infos super aufgedröselt
Stoffywelt & Blumenkinder Videos, Infos und ein großer Onlineshop für Stoffwindeln uva.
Ecofreundin Umfangreicher Artikel über Stoffwindeln
Gruppen auf Facebook:
Stoffwindelchat: hier kann man zum 1000.Mal Fragen stellen, die alte Hasen schon lange kennen
Stoffwindeln für Neugeborene: Anfängerfragen und Verkauf (hier bekommt man die Windeln auch gut gebraucht)
コメント